Dienstag, 24. Mai 2011

Betriebskostenguthaben und Arbeitslosengeld II - keine Anrechnung

Im Regelfall werden Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen in der Berechnung des Arbeitslosengeldes II berücksichtigt. Das Sozialgericht Chemnitz (S 33 AS 5000/10) entschied nun Sachverhalte, in denen eine Anrechnung des Guthaben rechtswidrig war. So erfolgt keine Anrechnung, wenn das Guthaben mit Mietrückständen verrechnet wird und es deshalb zu keiner Auszahlung an den Leistungsempfänger kommt.

Donnerstag, 5. Mai 2011

umgekippter Muldenkipper - kein Arbeitsunfall

Der heute 71-jährige Kläger beförderte im April 2009 mit seinem Muldenkipper Schotter auf der Baustelle eines Einfamilienhauses, weil ein Freund des Bauherrn ihn hierum gebeten hatte. Nach elfstündiger Arbeit auf der Baustelle stürzte der Muldenkipper um und der Kläger geriet unter das Fahrzeug. Er wurde dadurch schwer verletzt und musste anschließend über fünf Monate stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Kläger sei auf der Baustelle nicht wie ein Arbeitnehmer tätig geworden und habe deshalb auch keine Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 02.03.2011, Az.: S 23 U 73/10 gab der Berufsgenossenschaft Recht, denn der Kläger war nicht wie ein Arbeitnehmer, sondern wie ein Unternehmer tätig.

Die Tätigkeit des Klägers sei nicht ähnlich der eines Beschäftigten gewesen, weil der Kläger wie ein Unternehmer gearbeitet habe, der einen Werkvertrag über das Befördern und Abladen von Schotter erfüllt. Der Bauherr habe weder über einen für die Schotterarbeiten erforderlichen Muldenkipper verfügt noch diesen bedienen können, so dass er insoweit dem Kläger auch keine Weisungen habe erteilen können. Er habe auf den Kläger wie auf einen Fachunternehmer zurückgegriffen.

Dieser habe wie ein Unternehmer mit seinem eigenen Arbeitsgerät – dem Muldenkipper – die Arbeit verrichtet und auch nur er allein habe dieses Fahrzeug auf der Baustelle bedient. Er sei auch in seiner Zeiteinteilung frei und nicht wie ein Arbeitnehmer in das Unternehmen des Bauherrn eingliedert gewesen.

Arbeitsunfall trotz Betriebsaufgabe?

Ein Landwirt hatte sein landwirtschaftliches Unternehmen aufgegeben und weiterverpachtet. Die von der Viehhaltung verbliebene Gülle lagerte er weiter in der Gülle-Grube. Jahre später drohten Schneeschmelze und heftiger Regen die Grube überlaufen zu lassen. Bei der Leerung, die sich wegen "Verkrustungen" schwieriger gestaltete, verletzte sich der vormalige Landwirt.

Die Verletzungsfolgen sollte als Arbeitsunfall die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft tragen. Die aber lehnte den Unfallversicherungsschutz ab.

Das Bayerische Landessozialgericht (L 2 U 556/09) gab der Berufsgenossenschaft Recht. Zwar seien auch Abwicklungsarbeiten unfallversichert wie Verkaufsverhandlungen, Verwertung des Betriebsvermögens, Gewerbeabmeldung oder Aufräumarbeiten. Allerdings sei hier nicht allein auf einen inhaltlichen Zusammenhang abzustellen, maßgeblich sei vielmehr die zeitliche Komponente: der Unfall habe sich zehn Jahre nach der Stilllegung ereignet und damit klar nach dem Ende des Unfallversicherungsschutzes.

Die Abgrenzung von privaten, nicht unfallversicherten zu unternehmerischen, unfallversicherten Geschäften ist häufig diffizil. Geschäftliche und private Dinge liegen oft nebeneinander oder überschneiden sich, private Angelegenheiten werden oft auch mit Rücksicht auf geschäftliche gesteuert und umgekehrt. Die vorliegende Entscheidung gibt über den drastischen Einzelfall hinaus Anhaltspunkte dafür, wie und nach welchen Kriterien die Abgrenzung bei Fällen der Betriebsaufgabe zu vollziehen ist.

Dienstag, 3. Mai 2011

Unfallversicherung bei Nachbarschaftshilfe

Ein Pensionist hatte ein zur Dachrinnenrenovierung aufgestelltes "Blitzgerüst" genutzt, um im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe den Giebel der Doppelhaushälfte seines Nachbarn zu streichen. Für Arbeiten dieser Art war das Gerüst jedoch nicht geeignet. Es kam, wie es kommen musste - das Gerüst stürzte um und der Pensionist starb infolge dieses Unfalls.

Seine Witwe machte gegenüber der Berufsgenossenschaft geltend, ihr Ehemann sei für den Nachbarn "wie ein Beschäftigter" tätig gewesen und habe damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Die Berufsgenossenschaft verweigerte allerdings sämtliche Witwenleistungen. Die Leistugen hätten im eigenen Interesse des Verunfallten gestanden und ausserdem habe es sich nur um eine alltägliche Gefälligkeit gehandelt.

Vor dem LSG Bayern (Entscheidung vom 29.03.2011; Az.: L 3 U 255/10) bekam die Witwe Recht.

Das Landessozialgericht begründete die Entscheidung damit, dass unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch derjenige steht, welcher beschäftigungsähnlich handelt. In einem solchen Fall sei das Haftungsrisiko dem nutznießenden Unternehmen zuzurechnen. Dies war in dem vorlegenden Sachverhalt der Fall gewesen, denn der Verunfallte hat mit seinem Fachkönnen und entsprechend dem Willen des Nachbarn umfangreiche Malerarbeiten von wirtschaftlichem Wert erbracht.

Der Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst also auch im Rahmen der Nachbarschaftshilfe Arbeiten von Wert. Das setze voraus, dass die Arbeiten über alltägliche Gefälligkeiten hinausgehen.

ABER: Liege ein gesetzlich versicherter Unfall vor, sind weitere Haftungsansprüche gegen den Auftraggeber ausgeschlossen. Von ihm Schadensersatz und Schmerzensgeld zu fordern sei dann nicht möglich.