Mittwoch, 26. Juni 2013

zum Abschied ein Unfall

Liegt ein Arbeitsunfall vor? Wenn ein Unfall auf dem Weg von zu Hause auf Arbeit geschieht, kann das der Fall sein. Doch gehört eine Verabschiedung schon zum Arbeitsweg? Auch der Abschied vom Hund?

Ein Versicherungsvertreter verließ morgens sein Haus, um mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Er pfiff nach seinem Hund, der angerannt kam und den Versicherungsvertreter (versehentlich ?) umstieß. Die Folge war eine Knieverletzung.

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil das Verabschieden vom Hund nicht zu dem versicherten Arbeitsweg gehöre.

Die dagegen erhobene Klage hatte in der Berufung vor dem LSG Halle (Saale) Erfolg.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts hat sich der Unfall auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeit ereignet. Gesetzlich unfallversichert sei nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Werde dieser Weg nicht nur geringfügig unterbrochen, entfalle insoweit der Unfallversicherungsschutz. Die Verabschiedung vom Hund sei eine unerhebliche und geringfügige Unterbrechung des Arbeitsweges gewesen.

Also verabschieden Sie sich ruhig von den Liebsten (aber erst ausserhalb des Hauses, schon "mehr als halb" auf dem Arbeitsweg).

Dienstag, 18. Juni 2013

Warum verfolge ich den Taschendieb?

Taschendiebstähle kommen immer wieder vor. Werden Sie bemerkt, kann es zu Verfolgungsjagden kommen. Was passiert eigentlich, wenn der Verfolger stürzt und sich verletzt? Greift die gesetzliche Umfallversicherung?

Ein Biotechnologe aus Berlin flog im Juli 2009 zu einem Kongress nach Barcelona. Er nutzte das anschließende Wochenende, um mit seiner Verlobten die Stadt zu erkunden. Nach einem Restaurantbesuch am letzten Abend überfielen ihn zwei Männer und stahlen ihm die Brieftasche mit Bankkarten, Personaldokumenten und 120 Euro. Als der rüstige Biotechnologe, der den Verlust sogleich bemerkte, den Tätern nachsetzte, stellte ihm einer ein Bein. Der Technologe stürzte und brach sich den linken Ellenbogen.

Anwesende spanische Passanten riefen die Polizei, die Täter konnten jedoch entkommen.

Hinsichtlich der Sturzverletzungen wandte sich der erfolglose Verfolger an die Unfallkasse Berlin mit dem Begehren, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Diese lehnte das ab. Dem Verfolger sei es ausschlaggebend um die Wiedererlangung seines Eigentums gegangen und nicht um die Verfolgung oder Festnahme der Tatverdächtigen.

Es kam zur Klage vor dem Sozialgericht. Der Verfolger trug vor, sein Ziel sei es gewesen, die Täter zu fangen. Weil der Haupttäter einen Kopf kleiner gewesen sei, habe er sich gute Chancen ausgerechnet, diesen bis zum Eintreffen weiterer Passanten festzuhalten.

Das Sozialgericht Berlin  wies die Klage ab. Zwar sei kraft Gesetzes versichert, wer sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist, persönlich einsetze. Dieser Versicherungsschutz gelte auch für Auslandsfälle. Zur Überzeugung des Gerichts sei es dem Verfolger jedoch nicht in erster Linie um die vom Gesetz geschützte Verfolgung oder Festnahme gegangen, sondern auch um die Wiederbeschaffung der geraubten Brieftasche. Bei einer derartigen "gemischten Handlungstendenz" sei ein sachlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nur gegeben, wenn die konkrete Verrichtung auch ohne die private Motivation vorgenommen worden wäre. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, es fehle die "versicherungsbezogene Handlungstendenz". Der Verfolger hätte nicht zur verfolgung angesetzt, wenn diese ihm nicht die Brieftasche gestohlen hätten.

Ob das Landessozialgericht, bei dem derzeit die Berufugng anhängig ist, auch so sieht? 

Mittwoch, 5. Juni 2013

Eisessen + Luft schnappen = Arbeitsunfall?

Ein Mechaniker hat sich während eines Leerlaufs des Montagebands am rund 20 Meter von der Halle (mit einer Lufttemperatur von 30 °C) entfernten Kiosk ein Eis gekauft. Dies verzehrte er im Schatten unmittelbar vor einer Hallenaußentür.

Kurz darauf stieß ein anderer Mitarbeiter die Tür auf und traf den Mechaniker an der linken Ferse. Dieser erlitt einen Riss seiner Achillessehne und eine 4 cm lange Schnittwunde am Sprunggelenk. Er musste zweimal operiert werden, konnte wegen des Unfalls nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren und leidet noch heute an den Folgen des Ereignisses.

Die Berufsgenossenschaft übernahm zunächst die Behandlungskosten, lehnte dann aber die weitere Kostenübernahme und die Anerkennung als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, dass das Eisessen nicht dazu gedient habe, die Arbeitskraft des Mechanikers zu erhalten. 

Der Mechaniker erhol Widerspruch (erfolglos) und Klage zum Sozialgericht Heilbronn.

Dieses entschied, dass der Unfall vor der Halle als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. Entscheidend sei, dass er sich nicht nur von seinem Arbeitsplatz entfernt habe, um ein Eis zu kaufen, sondern um darüber hinaus auch frische Luft zu schnappen. Dies sei notwendig gewesen, da er aufgrund der Hitze in der Halle und der schlechten Raumluft seine schwere körperliche Arbeit bis zum Schichtende andernfalls nicht durchgehalten hätte