Montag, 24. März 2014

Aufforderung zur vorzeitigen Beantragung von Rente rechtswidrig

Das Jobcenter Dresden forderte eine 64-jährige Antragstellerin, der Leistungen nach dem SGB II ("Hartz IV") zustanden, auf, bei der Deutschen Rentenversicherung unter Inkaufnahme von Abschlägen vorzeitig Altersrente zu beantragen. Es seien keine Gründe ersichtlich, welche gegen die Beantragung der vorrangigen Leistungen sprächen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin vor dem SG Dresden im Wege einstweiligen Rechtsschutzes.

Das SG Dresden hat dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben (S 28 AS 567/14 ER).

Nach Auffassung des Sozialgerichts kann das Jobcenter eine vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente nur dann verlangen, wenn es im Wege der Ermessensausübung eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen hat. Das sei dann nicht der Fall, wenn es die konkrete Rentenhöhe nicht ermittelt hat. Denn nur in Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Rentenbezug könne beurteilt werden, ob dem Betroffenen ein vorgezogener und damit gekürzter Rentenbezug zumutbar ist. Das könne zum Beispiel dann zu verneinen sein, wenn der vorzeitige Rentenbezug für den Betroffenen mit einem lebenslangen Bezug von Sozialhilfe verbunden ist.

Fazit: Eine Aufforderung zur vorzeitigen Beantragung von Rente ohne Kenntnis der zu erwartenden Rentenhöhe ist rechtswidrig.

Dienstag, 18. März 2014

Keine Rente bei Fahren ohne Führerschein

Ein 28-jähriger Mann war nachts auf der Autobahn mit seinem PKW in einen Erdhügel gefahren und hatte sich dabei mehrere Frakturen und eine Armnervenschädigung zugezogen, seinen Beruf und auch andere Tätigkeiten kann er seitdem wegen der Unfallfolgen nicht mehr ausüben. Deshalb beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Mann hatte zum Unfallzeitpunkt keine Fahrerlaubnis und auch 1,39 Promille Alkohol im Blut. Deshalb war er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Die Rentenversicherung lehnte den Rentenantrag ab und bezog sich auf § 104 SGB VI. Danach kann eine Rente ganz oder teilweise versagt werden, wenn jemand sich die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen hat, die nach strafgerichtlichen Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist.

Der Anwalt des Mannes argumentierte dagegen, die vorsätzlich begangene Fahrt ohne Fahrerlaubnis sei nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Sein Mandant habe über die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse für das Autofahren verfügt, da er früher bereits einmal den Führerschein besessen habe. Die Trunkenheit im Straßenverkehr habe er nur fahrlässig begangen.

Das SG Gießen(S 4 R 158/12) hat die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Sozialgerichts wäre es zu dem Unfall nicht gekommen, wenn der Kläger nicht gefahren wäre; das Fahren ohne Fahrerlaubnis könne auch nicht getrennt von der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gesehen werden. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über die für das Autofahren notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt, sonst wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.

Die Rentenversicherung habe mit ihrer Ablehnung auch keinen Ermessensfehler begangen. Zweck der von ihr angewandten Vorschrift sei ein Ausgleich zwischen dem Grundsatz, dass Sozialrecht keine strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen hat, und dem sozialethisch kaum tolerierbaren Ergebnis, dass schwere Strafverstöße auch noch durch Sozialversicherungsleistungen "belohnt" werden. Dem habe die Rentenversicherung ausreichend Rechnung getragen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Freitag, 7. März 2014

Recht auf zügige Entscheidung der Krankenkasse


Ein gesetzlich Krankenversicherter beantragte bei seiner Krankenkasse die Versorgung mit einer neuen Kniegelenksprothese. Die Krankenkasse hat die Notwendigkeit der Neuversorgung nicht geprüft. Der Krankenversicherte klagte daher und begründete seine Klage damit, dass sein Antrag nicht innerhalb von drei Wochen von der Krankenkasse bearbeitet worden ist.

Das SG Dessau-Roßlau hat der Klage stattgegeben.

Nach Auffassung des Sozialgerichts hat die Krankenkasse nach Eingang des Antrags weder innerhalb von drei Wochen darüber entschieden, noch Gründe für eine Überschreitung dieser Frist schriftlich mitgeteilt. Nach dem Gesetz (§ 13 SGB V) gelte die beantragte Versorgung damit als genehmigt. Die fiktive Genehmigung dürfe auch nicht – anders als ein fehlerhafter Bescheid – zurückgenommen werden.