Dienstag, 28. Mai 2013

Ein Schuß ins Knie ist kein Arbeitsunfall

Überfälle sind nicht gern gesehen. Kommt dabei jemand zu Schaden, ist es oft mit Mühen verbunden, entsprechenden Schadensersatz zu erhalten - wenn überhaupt. Es wäre doch gut, wenn auch woanders noch etwas Geld herkommen würde, warum nicht von der Berufsgenossenschaft, wenn der Überfall auf Arbeit geschieht? 

Das dachte sich wohl auch ein Mitarbeiter einer Bausparkasse, der in einem Home Office im eigenen Wohnhaus in Dresden tätig war.

Im März 2007 öffnete er auf ein Läuten die Hauseingangstür und wurde sofort von zwei Männern mit einer Pistole bedroht. Im Schlafzimmer schossen ihn die Täter in beide Kniegelenke. Danach verließen sie das Haus, ohne Wertsachen mitzunehmen.

Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen konnte sich der Bausparkassenvertreter den Überfall nur mit Streitereien um Fördermittelzusagen von einer Million an einen Verein erklären. Die Vereinsmitglieder hätten ihm gegenüber damit gedroht, mal zwei Russen vorbeizuschicken, falls das schiefgehen sollte. Für diesen Verein war er privat als Berater tätig.

Tatsächlich wurden zwei wegen diesem Überfall Angeklagte im März 2008 rechtskräftig zu Freiheitsstrafen von fünf bzw. vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.


Der verletzte Bausparkassenvertreter wollte nun, das dieser Überfalll als Arbeitsunfall von der Berufsgenossenschaft anerkannt wird. Diese lehnte jedoch ab und verwies darauf, dass der Überfall auf private Gründe zurückzuführen sei.

Auch das angerufene Sozialgericht Dresden hat das Begehren des Bausparkassenvertreters abgewiesen.

Ein abhängig Beschäftigter steht bei einem vorsätzlichen tätlichen Angriff (nur) dann unter Versicherungsschutz, wenn der Angriff des Täters aus betriebsbezogenen Motiven erfolgt. Die Motive der Täter waren hier aber am ehesten auf die private Tätigkeit des Bausparkassenvertreters als Berater für einen Verein zurückzuführen.

Unerheblich sei, dass der Überfall zufällig zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit als Versicherungsangestellter erfolgte. Ein Zusammenhang des Überfalls mit einer versicherten Tätigkeit sei nicht feststellbar.

Montag, 27. Mai 2013

Sozialleistungen und der erbrechtliche Pflichtteil



Wer bedürftig ist im Sinne des Sozialrechtes hat nach § 9SGB I einen Anspruch auf Sozialleistungen, oftmals auf ALG II nach dem SGB II oder auf Grundsicherung nach dem SGB XII.

Grundsätzlich sind Sozialleistungen auszuzahlen, wenn hierfür ein Bedarf besteht, welcher nicht anderweitig gedeckt werden kann durch Einkommen oder Vermögen.

Es ist anerkannt, dass ein Pflichtteil (Zahlungsanspruch gegen Erben nach § 2303 BGB) grundsätzlich zur Bedarfsdeckung geeignet ist. Ein Pflichtteilsanspruch kann somit auf Sozialleistungsträger übergehen und von diesen eingezogen werden, unabhängig von einer Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten.

Ist der Pflichtteilsanspruch vor Beantragung von Sozialleistungen entstanden und erfüllt, ist es regelmäßig als Vermögen anzusehen, so dass die Vermögensfreibeträge berücksichtigt werden müssen.

Entsteht der Pflichtteilsanspruch während eines Leistungsbezuges oder wird erst in einem solchen Zeitraum erfüllt, handelt es sich nach gegenwärtiger Rechtsprechung regelmäßig um Einkommen.
Bei ALG-II – Leistungsempfängern geht der Pflichtteilsanspruch aus einem Erbfall von Gesetzes wegen (§ 33 SGB II) auf den Sozialhilfeträger über, bei Grundsicherungsgewährung muss ein Überleitung per Verwaltungsakt erfolgen (§ 93 SGB XII).

Ein wirksamer Übergang eines Pflichtteilsanspruches setzt jedoch die Rechtmäßigkeit der gewährten Sozialleistungen voraus, liegt also nicht vor, wenn Leistungen z.B. als Darlehen gewährt werden.

Soweit Pflichtteilsansprüche übergegangen sind, stehen dem Sozialleistungsträger  die Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche sowie die Zahlungsansprüche zu (wie einem Pflichtteilsberechtigten).

Nicht nur etwaige pflichtteilsberechtigte Leistungsempfänger sind hiervon betroffen, auch Erben müssen diese Grundsätze beachten, damit etwaige Doppelzahlungen (weil zunächst an den falschen der Pflichtteil ausgekehrt wurde) vermieden werden.

Vor diesem Hintergrund sollten bereits in der Erbschaftsplanung und Testamentsgestaltung solcherlei Konstellationen berücksichtigt werden. Betroffene Erben und Pflichtteilsberechtigte sollten fachlichen Rat bei Anwälten einholen.