Montag, 19. Januar 2015

Kein Schmerzensgeld für Unfall im Chemieunterricht

Wenn es kracht und knallt und pufft, ist es der Chemie-Unterricht. Das nicht immer allles unfallfrei abläuft ist dabei sehr bedauerlich.

Am 28.09.2012 war es im Chemie-Unterricht einer sechsten Klasse einer Schule zur Entzündung einer Flasche mit Brennspiritus gekommen. Die Klasse hatte unter Aufsicht einer Lehrerin verschiedene Versuche zum Thema "Verbrennung" durchgeführt, bei denen Spiritus in kleinen Versuchsschälchen entzündet wurde. Als die Lehrkraft ein vermeintlich leeres Porzellanschälchen aus einer Spiritus-Flasche nachfüllen wollte, soll sich der Spiritus in der Flasche entzündet haben und soll die Flasche mit einer Stichflamme durch den Raum geflogen sein. Dabei soll ein Schüler Verbrennungen 2. Grades im Gesicht und am Oberkörper erlitten haben.

Dieser Schüler verlangt nunmehr die Zahlung von 10.000 Euro Schmerzensgeld. Das beklagte Land als Schulträger hält die Klage für unbegründet. Die Haftung für derartige Unfälle im Schulbetrieb sei in speziellen Vorschriften des Sozialgesetzbuches geregelt, nach denen der Schüler Schadensersatz erhalten könne. Die Zahlung eines zusätzlichen Schmerzensgeldes sei nach diesen Vorschriften aber grundsätzlich ausgeschlossen und komme nur dann in Betracht, wenn der streitgegenständliche Unfall vorsätzlich (und nicht bloß fahrlässig) herbeigeführt worden wäre. Davon könne im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Das LG Osnabrück hat die Klage nach insgesamt drei Terminen zur Beweisaufnahme, in denen insbesondere die Lehrerin und die beteiligten Schüler zum Ablauf des Unfalls befragt wurden, abgewiesen.

Nach Auffassung des Landgerichts ist für die Folgen eines solchen Schulunfalls nach den sozialrechtlichen Vorschriften grundsätzlich nur die zuständige Unfallversicherung eintrittspflichtig, womit eine gesetzlich angeordnete Haftungsprivilegierung des Schulträgers verbunden sei. Mithin seien weitergehende Ansprüche wie Schmerzensgeldansprüche bei einer lediglich fahrlässigen Handlungsweise gesetzlich ausgeschlossen. Dass der Lehrerin im vorliegenden Fall eine vorsätzliche Handlungsweise anzulasten sei, habe die durchgeführte Beweisaufnahme nicht bestätigt. Es bleibe daher bei dem gesetzlichen Ausschluss von Schmerzensgeldansprüchen gegen den Schulträger; alle sonstigen Unfallfolgen seien über die Sozialversicherung zu regulieren.

Donnerstag, 8. Januar 2015

Keine Erwerbsminderungsrente nach Unfallfahrt ohne Fahrerlaubnis

Ein Mann ohne Führerschein und mit 1,39 Promille verursacht einen Verkehrsunfall und wurde aufgrund der Verletzungen voll erwerbsgemindert. Das Amtsgericht verurteilte den 29-jährigen Mann wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung.

Die Rentenversicherung lehnte seinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil er sich grob selbstgefährdend verhalten habe. Er habe alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug geführt und sich damit eigenmächtig über anerkannte Grundprinzipien der Versichertengemeinschaft hinweggesetzt. Wer bewusst gegen Strafgesetze verstoße, die den Eintritt eines Schadensereignisses verhindern sollen, könne keine Versicherungsleistungen beanspruchen.

Das LSG Darmstadt hat, wie auch die Vorinstanz, der Rentenversicherung Recht gegeben.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts kann die Rente versagt werden, wenn die Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung eingetreten ist. Voraussetzung sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen. Der Versicherte sei wegen vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Der bei dieser Tat eingetretene Unfall habe zur Erwerbsminderung geführt. Der Mann sei auch nicht nur "bei Gelegenheit" dieses Vergehens aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls ohne eigenes Zutun verletzt worden. Vielmehr, so betonten die Richter, habe sich genau jene Gefahr realisiert, wegen derer der Versicherte zuvor durch den – bereits wiederholten – Entzug der Fahrerlaubnis "aus dem Verkehr gezogen" werden sollte.

Ob bei strafbaren Handlungen die Rente zu versagen sei, hänge von der Abwägung der Gesamtumstände ab. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Sozialversicherungsrecht einerseits keine strafrechtliche Funktion habe, andererseits strafbares Verhalten aber auch nicht leistungsrechtlich "belohnt" werden solle. Neben der Schwere der Tat seien zudem Tathergang und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu beachten. Dies habe die Rentenversicherung bei ihrer Ermessensentscheidung zutreffend berücksichtigt.