Wenn es kracht und knallt und pufft, ist es der Chemie-Unterricht. Das nicht immer allles unfallfrei abläuft ist dabei sehr bedauerlich.
Am 28.09.2012 war es im Chemie-Unterricht einer sechsten Klasse einer Schule zur Entzündung einer Flasche mit Brennspiritus
gekommen. Die Klasse hatte unter Aufsicht einer Lehrerin verschiedene
Versuche zum Thema "Verbrennung" durchgeführt, bei denen Spiritus in
kleinen Versuchsschälchen entzündet wurde. Als die Lehrkraft ein
vermeintlich leeres Porzellanschälchen aus einer Spiritus-Flasche
nachfüllen wollte, soll sich der Spiritus in der Flasche entzündet haben
und soll die Flasche mit einer Stichflamme durch den Raum geflogen
sein. Dabei soll ein Schüler Verbrennungen 2. Grades im Gesicht und am
Oberkörper erlitten haben.
Dieser Schüler verlangt nunmehr die Zahlung von
10.000 Euro Schmerzensgeld. Das beklagte Land als Schulträger hält die Klage für
unbegründet. Die Haftung für derartige Unfälle im Schulbetrieb sei in
speziellen Vorschriften des Sozialgesetzbuches geregelt, nach denen der
Schüler Schadensersatz erhalten könne. Die Zahlung eines zusätzlichen
Schmerzensgeldes sei nach diesen Vorschriften aber grundsätzlich
ausgeschlossen und komme nur dann in Betracht, wenn der
streitgegenständliche Unfall vorsätzlich (und nicht bloß fahrlässig)
herbeigeführt worden wäre. Davon könne im vorliegenden Fall keine Rede
sein.
Das LG Osnabrück hat die Klage nach insgesamt drei Terminen zur
Beweisaufnahme, in denen insbesondere die Lehrerin und die beteiligten
Schüler zum Ablauf des Unfalls befragt wurden, abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts ist für die Folgen eines
solchen Schulunfalls nach den sozialrechtlichen Vorschriften
grundsätzlich nur die zuständige Unfallversicherung eintrittspflichtig,
womit eine gesetzlich angeordnete Haftungsprivilegierung des
Schulträgers verbunden sei. Mithin seien weitergehende Ansprüche wie
Schmerzensgeldansprüche bei einer lediglich fahrlässigen Handlungsweise
gesetzlich ausgeschlossen. Dass der Lehrerin im vorliegenden Fall eine
vorsätzliche Handlungsweise anzulasten sei, habe die durchgeführte
Beweisaufnahme nicht bestätigt. Es bleibe daher bei dem gesetzlichen
Ausschluss von Schmerzensgeldansprüchen gegen den Schulträger; alle
sonstigen Unfallfolgen seien über die Sozialversicherung zu regulieren.
Ich bin Fachanwalt für Arbeitsrecht in Chemnitz und berichte über Wissenswertes und Kurzweiliges aus dem Sozialrecht und meiner Anwaltstätigkeit
Montag, 19. Januar 2015
Donnerstag, 8. Januar 2015
Keine Erwerbsminderungsrente nach Unfallfahrt ohne Fahrerlaubnis
Ein Mann ohne Führerschein und mit 1,39 Promille verursacht einen
Verkehrsunfall und wurde aufgrund der Verletzungen voll
erwerbsgemindert. Das Amtsgericht verurteilte den 29-jährigen Mann wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und
vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von
fünf Monaten auf Bewährung.
Die Rentenversicherung lehnte seinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil er sich grob selbstgefährdend verhalten habe. Er habe alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug geführt und sich damit eigenmächtig über anerkannte Grundprinzipien der Versichertengemeinschaft hinweggesetzt. Wer bewusst gegen Strafgesetze verstoße, die den Eintritt eines Schadensereignisses verhindern sollen, könne keine Versicherungsleistungen beanspruchen.
Das LSG Darmstadt hat, wie auch die Vorinstanz, der Rentenversicherung Recht gegeben.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts kann die Rente versagt werden, wenn die Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung eingetreten ist. Voraussetzung sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen. Der Versicherte sei wegen vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Der bei dieser Tat eingetretene Unfall habe zur Erwerbsminderung geführt. Der Mann sei auch nicht nur "bei Gelegenheit" dieses Vergehens aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls ohne eigenes Zutun verletzt worden. Vielmehr, so betonten die Richter, habe sich genau jene Gefahr realisiert, wegen derer der Versicherte zuvor durch den – bereits wiederholten – Entzug der Fahrerlaubnis "aus dem Verkehr gezogen" werden sollte.
Ob bei strafbaren Handlungen die Rente zu versagen sei, hänge von der Abwägung der Gesamtumstände ab. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Sozialversicherungsrecht einerseits keine strafrechtliche Funktion habe, andererseits strafbares Verhalten aber auch nicht leistungsrechtlich "belohnt" werden solle. Neben der Schwere der Tat seien zudem Tathergang und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu beachten. Dies habe die Rentenversicherung bei ihrer Ermessensentscheidung zutreffend berücksichtigt.
Die Rentenversicherung lehnte seinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil er sich grob selbstgefährdend verhalten habe. Er habe alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug geführt und sich damit eigenmächtig über anerkannte Grundprinzipien der Versichertengemeinschaft hinweggesetzt. Wer bewusst gegen Strafgesetze verstoße, die den Eintritt eines Schadensereignisses verhindern sollen, könne keine Versicherungsleistungen beanspruchen.
Das LSG Darmstadt hat, wie auch die Vorinstanz, der Rentenversicherung Recht gegeben.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts kann die Rente versagt werden, wenn die Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung eingetreten ist. Voraussetzung sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen. Der Versicherte sei wegen vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Der bei dieser Tat eingetretene Unfall habe zur Erwerbsminderung geführt. Der Mann sei auch nicht nur "bei Gelegenheit" dieses Vergehens aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls ohne eigenes Zutun verletzt worden. Vielmehr, so betonten die Richter, habe sich genau jene Gefahr realisiert, wegen derer der Versicherte zuvor durch den – bereits wiederholten – Entzug der Fahrerlaubnis "aus dem Verkehr gezogen" werden sollte.
Ob bei strafbaren Handlungen die Rente zu versagen sei, hänge von der Abwägung der Gesamtumstände ab. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Sozialversicherungsrecht einerseits keine strafrechtliche Funktion habe, andererseits strafbares Verhalten aber auch nicht leistungsrechtlich "belohnt" werden solle. Neben der Schwere der Tat seien zudem Tathergang und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu beachten. Dies habe die Rentenversicherung bei ihrer Ermessensentscheidung zutreffend berücksichtigt.
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