Dienstag, 25. November 2014

Keine Haftung junger Volljähriger nach pflichtwidrigem Verhalten ihrer Eltern beim SGB II-Bezug

Das BSG (B 4 AS 12/14 R) hat entschieden, dass ein junger Volljähriger SGB II-Leistungen, die er als Minderjähriger zu Unrecht erhalten hat, nur bis zur Höhe des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens erstatten muss, wenn die Voraussetzungen des § 1629a BGB für eine beschränkte Haftung von Minderjährigen vorliegen.

In dem entschiedenen Fall lebte der zunächst noch minderjährige Kläger in einem gemeinsamen Haushalt mit seinem Stiefvater, seiner Mutter und seiner Halbschwester. Alle bezogen laufende Leistungen nach dem SGB II, die jeweils der Stiefvater des Klägers beantragt hatte. Da der Stiefvater angegeben hatte, dass der Kläger Schüler sei, berücksichtigte das Jobcenter nur das Kindergeld als Einkommen. Das Jobcenter erfuhr erst im Nachhinein durch einen Datenabgleich, dass er die Schule beendet hatte, und inzwischen als Teilnehmer an einer berufsfördernden Bildungsmaßnahme des Arbeitsamts eine monatliche Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erhielt. Daraufhin berechnete es die Leistungen für die Vergangenheit neu und forderte den inzwischen volljährigen Kläger auf, die zu Unrecht erhaltenen Leistungen (rund 500 Euro) zu erstatten.
Das LSG Halle hatte entschieden, dass der Kläger die während seiner Minderjährigkeit bezogenen Leistungen (rund 500 Euro) nicht erstatten muss.

Das BSG hat die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts bestätigt.

Nach Auffassung des BSG ist die Regelung des § 1629a BGB entsprechend für Ansprüche auf Erstattung von SGB II-Leistungen anzuwenden, die an einen Minderjährigen erbracht wurden. Entscheidend sei, dass die Forderung während der Minderjährigkeit erbrachte Leistungen betrifft und durch eine pflichtwidrige Handlung des gesetzlichen Vertreters begründet wurde. Beide Voraussetzungen seien hier erfüllt. Die Mutter des Klägers habe es trotz entsprechender Information durch den Kläger versäumt, das Jobcenter über die Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe zu informieren. Hierzu wäre sie als seine gesetzliche Vertreterin jedoch verpflichtet gewesen. Hätte sie das Jobcenter informiert, hätte dieses die Leistungen umgehend anpassen können, so dass es nicht zu einer Überzahlung gekommen wäre. Unerheblich sei es, dass das Jobcenter den Erstattungsbescheid erst nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Klägers erließ. Andernfalls könnte es allein durch Abwarten erreichen, dass ein junger Volljähriger die von ihm während seiner Minderjährigkeit bezogenen Leistungen entgegen § 1629a BGB erstatten müsste. Die entsprechende Anwendung des § 1629a BGB begünstige auch keine unberechtigte Inanspruchnahme von Sozialleistungen, weil das Jobcenter den handelnden Vertreter zumindest seit dem 01.04.2011 über § 34a SGB II n.F. auf Erstattung in Anspruch nehmen kann.

Das Paradies findet sich auch nicht auf dem Nachbargrundstück

Äpfel sind köstlich und verlockend. Nicht nur die Bibel weiß gleich zu Anfang hiervon zu berichten. Verlockend waren für einen Unternehmer auch die Äpfel auf einem Nachbargrundstück - mit fast ebenso gravierenden Folgen wie ein Rauswurf aus dem Paradies.

Ein 61-jähriger Geschäftsführer eines zwischen Schwäbisch Hall und Bad Mergentheim gelegenen mittelständischen Unternehmens versucht die zwischen abgezäuntem Firmengelände und angrenzender Straße auf einem - im Eigentum des Hohenlohekreises befindlichen - Grünstreifen Apfelbäume mit einer Hakenstange abzuernten.

Dabei zog er sich einen Bänderriss in der Schulter zu, wurde anschließend operiert und leidet noch heute unter Beschwerden.

Seine Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil Äpfelschütteln keine unfallversicherte Beschäftigung gewesen sei.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Geschäftsführer geltend, der Hohenlohekreis habe sich nie um die Pflege des Grünstreifens gekümmert. Damit das Betriebsgelände einen ordentlichen Eindruck mache, hätten seine Mitarbeiter regelmäßig die Wiese gemäht und er selbst die Äpfel abgeerntet (sowie anschließend verkauft).

Das SG Heilbronn hat dennoch die Entscheidung der Berufsgenossenschaft bestätigt.

Nach Auffassung des Sozialgerichts hat das Äpfelschütteln nicht der Pflege des äußeren Erscheinungsbildes des Grünstreifens gedient und demnach auch nicht der Außenwahrnehmung des Betriebsgeländes. Denn ein angrenzendes gemähtes Grundstück werde von Firmenkunden auch dann als gepflegt wahrgenommen, wenn Äpfel auf der Wiese lägen. Dass die geernteten Äpfel privat verkauft wurden, unterstreiche, dass die Apfelernte der unversicherten Freizeit des Geschäftsführers zuzuordnen sei.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.