Mittwoch, 26. Oktober 2011

weniger Beitrag für freiwillig Krankenversicherte

Viele scheuen den Gang zur privaten Krankenversicherung und sind bei der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert auf Basis des § 240 SGB V. Die Beiträge zur Krankenversicherung werden meist auf Basis der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" berechnet.

Oftmals gibt es Streit um die Höhe des Beitrages. Vor diesem Hintergrund sind zwei Entscheidungen beachtlich, welche die Verfahrensgrundsätze für nicht anwendbar halten und damit oft den Versicherten Recht geben. Es handelt sich dabei um Entscheidungen des SG München (Urteil vom 2.3.2010, Az. S 19 KR 873/09) und des Hessischen Landessozialgericht (21.02.2011, Az. L 1 KR 327/10 B ER)

Vor diesem Hintergrund sollten Zweifel bei der Beitragsberechnung mit einem Anwalt besprochen werden. Hilfreich können hierbei auch Musterbriefe sein.

Wenn Merkblätter der Agentur für Arbeit nicht weiterhelfen

Ein Arbeitsloser trug sich mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen und die Möglichkeit des Existenzgründungszuschusses und wandte sich hinsichtlich einer Beratung an die Agentur für Arbeit (AA). Der Mitarbeiter der AA wies den Arbeitslosen darauf hin, dass: "... der Antrag vor Ablauf der 90 Tage abgegeben werden müsse, nur noch ein Anspruchszeitraum von 100 + x Tagen vorhanden sei und sie schnellstmöglich den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses stellen solle. Der Vermerk auf Anlage B 1 letzte Zeile bedeute, dass er die Kl. darauf hingewiesen habe, dass der Kunde nur gefördert werden könne, wenn vor Ablauf der 90 Tage noch alle Unterlagen vorgelegt werden."

Dieser Hinweis war jedoch falsch und entsprach nicht § 57 II SGB 3. Der Arbeitslose beantragte aus Sicht der AA zu spät den Existenzgründerzuschuss, weshalb die Gewährung abgelehnt wurde. Der Arbeitslose begehrte vor den Gerichten Schadensersatz wegen Falschberatung. Die AA meinte, dass die Informationen in den Merkblättern zutreffend waren und es deshalb auf die falsche Auskunft des Mitarbeiters nicht ankommt, weshalb dem Arbeitslosen kein Schadensersatzanspruch zustünde.

Das OLG München (Urt. v. 21. 4. 2011 − 1 U 133/11) gab dem Arbeitslosen Recht und führte in seinem Urteil aus:

"Die Bekl. bzw. ihre Mitarbeiter haben schuldhaft gegen ihre Verpflichtung, einem Ratsuchenden gesetzeskonforme Auskünfte zu geben, verstoßen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Kl. die Merkblätter ausgehändigt bekommen hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, stand die Darstellung in den Merkblättern im Widerspruch zu der von dem Zeugen R gegebenen Auskunft. Es ist nachvollziehbar, dass die Kl. sich nach der mündlichen Auskunft gerichtet hat. Es ist nicht Aufgabe eines Ratsuchenden, den Sachbearbeiter auf Widersprüche zwischen seinen Ausführungen und dem Inhalt der Merkblätter aufmerksam zu machen."

Dienstag, 25. Oktober 2011

Krankengeld nach Ende des Arbeitsverhältnisses

... gibt es auch dann, wenn das Krankenversicherungsverhältnis mit dem letzten Arbeitstag endet und der Arbeitnehmer an diesem letzten Tag erkrankt.

Eigentlich meinen Krankenversicherungen, dass nach der gesetzlichen Regelung ein Anspruch auf Krankengeld erst nach dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit entstehe und eine Versicherung mit Krankengeldanspruch nur während der versicherungspflichtigen Beschäftigung bestehe. Hiernach könnte eine erst am letzten Tag der Beschäftigung festgestellte Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Krankengeldanspruch führen.

Das sieht das LSG NRW anders und begründet dies in seiner Entscheidung (Urteil vom 14.7.2011 – Aktenzeichen L 16 KR 73/10) damit, dass es ausreichend ist, wenn die Arbeitsunfähigkeit zu einem Zeitpunkt festgestellt worden ist, an dem noch die Versicherung mit Krankengeldanspruch bestanden hat und sich dann der Krankengeldanspruch nahtlos an das beendete Arbeitsverhältnis anschließt.

Darüber hinaus hat das LSG NRW entschieden, dass die Krankenkasse den Versicherten darauf hinweisen muss, dass er bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit spätestens am letzten Tag des Zeitraums, für den der Arzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, die weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt feststellen lassen muss. Versäumt die Kasse diesen Hinweis, ist es unschädlich, wenn der Versicherte erst einen Tag später den Arzt aufsucht und deshalb kein lückenloser Krankengeldanspruch besteht.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Die Revision ist auch eingelegt worden (Aktenzeichen des Bundessozialgerichts B 1 KR 19/11 R), das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Erhöhung der Grundsicherung ab 01.01.2012

Gegenüber dem Jahr 2011 bekommt ab 01.01.2012 ein alleinstehender Erwachsener 374 Euro monatlich (2011 sind es noch 364 Euro). Die Fortschreibung gilt auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II = ALG II = Hartz IV).

Für Kinder im Alter von sechs bis unter 14 Jahren (Stufe 5) und Jugendliche im Alter von 14 bis unter 18 Jahren (Stufe 4) bleiben die Sätze unverändert (251 Euro und 287 Euro). Für sie gilt die Besitzschutzregelung. Die zum 1. Januar 2011 ermittelten Bedarfe liegen unterhalb der bis Jahresende 2010 gezahlten Beträge – das heißt, diese Leistungen hätten eigentlich gekürzt werden müssen, was aber nicht gewollt ist.

Übersicht Regelbedarfsstufen im Jahr 2012 (+ Veränderung gegenüber 2011)

die Regelbedarfsstufe 1 – 374 Euro + 10 Euro (Alleinlebend)
die Regelbedarfsstufe 2 – 337 Euro + 9 Euro (Paare/Bedarfsgemeinschaften)
die Regelbedarfsstufe 3 – 299 Euro + 8 Euro (Erwachsene im Haushalt anderer)
die Regelbedarfsstufe 4 – 287 Euro (unverändert, Besitzschutzregelung)
die Regelbedarfsstufe 5 – 251 Euro (unverändert, Besitzschutzregelung)
die Regelbedarfsstufe 6 – 219 Euro + 4 Euro (Kinder von 0 bis 6 Jahre)

Montag, 17. Oktober 2011

Wieviel EU-Rentenanträge werden abgelehnt?

Nach einem Bericht auf spiegel-online vom 17.10.2011 werden von der Deutschen Rentenversicherung ca. 43 % aller Rentenanträge auf Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) abgelehnt.

Wissenswert ist sicherlich auch, dass immer mehr Menschen wegen psychischer Leiden (Depressionen, Angstsörungen) eine EU-Rente erhalten und das Alter des Bezuges von EU-Rwnte sich seit Jahrten verschiebt - zu immer jüngeren Menschen.

Samstag, 15. Oktober 2011

83000 € ALG II im Monat - davon läßt sich leben

Eine Bedarfsgemeinschaft in Sachsen-Anhalt schaute auf den Kontoauszug, ob die ALG II - Leistungen bereits eingegangen seien und freuten und wunderten sich sicherlich, als etwas mehr als 83.000 € gutgeschrieben waren.

Ab diesem Zeitpunkt waren sie für das Jobcenter nicht mehr erreichbar - mussten Sie ja auch nicht, verfügten sie jetzt doch über Vermögen und waren nicht mehr im Leistungsbezug.

Schade nur für die beiden, dass das Jobcenter bereits 50.000 € sich von der Bank wiederholte. Von den restlichen 33.000 € dürfte nach der Meldung des Stern auch der nun beauftragte Anwalt etwas sehen

Dienstag, 11. Oktober 2011

Neue Rechengrößen im Sozialversicherungsrecht für 2012

Rechengrößen in der Sozialversicherung sind solche, die für das Versicherungs-, Beitrags- und Leistungsrecht in der Sozialversicherung maßgeblich sind, beispielsweise die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung.

Das Kabinett hat - nach Meldung vom 05.10.2011 - die neuen Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2012 beschlossen.

Grundlage für die Berechnung der Sozialversicherungs-Rechengrößen ist die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter im Jahr 2010, die das Statistische Bundesamt ermittelt hat.

Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen ("Zusatzjobs" oder "1-Euro-Jobs") sind nicht mit in die Berechnung eingeflossen. Die Zahlen werden jährlich um die so genannte "Lohnzuwachsrate" angepasst. Die Lohnzuwachsrate 2010 beträgt + 2,09 Prozent in den alten und + 1,97 Prozent in den neuen Ländern.

Bezugsgröße in der Sozialversicherung

Die Bezugsgröße in der Sozialversicherung ist wichtig. In der gesetzlichen Krankenversicherung beispielsweise ist sie die Grundlage für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für freiwillige Mitglieder und für das Mindestarbeitsentgelt. In der gesetzlichen Rentenversicherung stellt die Bezugsgröße die Grundlage für die Beitragsberechnung versicherungspflichtiger Selbstständiger oder Pflegepersonen dar.

Die Lohn- und Gehaltsentwicklung fließt in die Bezugsgröße in der Sozialversicherung ein. Dabei wird die Lohnzuwachsrate von 2010 die Sozialversicherung in 2012 beeinflussen. Die Bezugsgröße 2012 beträgt 2.625 Euro in den westlichen Bundesländern (2011: 2.555 Euro/Monat). In den östlichen Bundesländern bleibt sie unverändert bei 2.240 Euro/Monat.

Beitragsbemessungsgrenzen für die gesetzliche Rentenversicherung


Die neue monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) steigt von 5.500 (2011) auf 5.600 Euro/Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) verbleibt 2012 bei 4.800 Euro/Monat wie in 2011. In der knappschaftlichen Rentenversicherung werden folgende neue monatliche Beträge gelten: Beitragsbemessungsgrenze (West): 6.900 Euro, Beitragsbemessungsgrenze (Ost): 5.900 Euro.

Versicherungspflichtgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung

Bundeseinheitlich wird die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt. Sie erhöht sich gegenüber 2011 (49.500 Euro) auf 50.850 Euro jährlich in 2012 (4.237,50 Euro monatlich). Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits am 31. Dezember 2002 versicherungsfrei waren, wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze 45.900 Euro für das Jahr 2012 betragen (2011: 45.550 Euro). Die bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht der (niedrigeren) Jahresarbeitsentgeltgrenze (45.900 Euro/jährlich bzw. 3.825 Euro monatlich).

Rentenversicherung

Das vorläufige Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung wird für das Jahr 2012 bundeseinheitlich auf 32.446 Euro/jährlich festgesetzt.

Gesamtübersicht:
Rechengröße Alte Bundesländer Neue Bundesländer

Vorläufiges Durchschnittsentgelt in der
Rentenversicherung 32.446 €/Jahr 32.446 €/Jahr
Bezugsgröße in der Sozialversicherung 2.625 €/Monat 2.240 €/Monat
Beitragsbemessungsgrenze allgemeine
Rentenversicherung 5.600 €/Monat 4.800 €/Monat
Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche
Rentenversicherung 6.900 €/Monat 5.900 €/Monat
Beitragsbemessungsgrenze gesetzlichen Kranken-
und Pflegeversicherung 3.825 €/Monat 3.825 €/Monat
Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen
Krankenversicherung 4.237,50 €/Monat 4.237,50 €/Monat

Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

Das vorläufige Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten. Diese Rechengröße ist wichtig für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte bei der Berechnung der Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Für das kommende Jahr wird es bestimmt, in dem das Durchschnittsentgelt 2010 um das Doppelte des Prozentsatzes erhöht wird, um den das Durchschnittsentgelt 2010 höher ist als das Durchschnittsentgelt 2009.

Die Beitragsbemessungsgrenze markiert das Maximum, bis zu dem in der Sozialversicherung Beiträge erhoben werden. Der Einkommensanteil, der über diesen Grenzbetrag liegt, ist somit beitragsfrei.

Die Versicherungspflichtgrenze (= Jahresarbeitsentgeltgrenze) in der gesetzlichen Krankenversicherung wird – wie in der Vergangenheit auch – an die Lohnzuwachsrate angepasst. Wessen Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt, kann eine private Krankenversicherung wählen. Für die Fortschreibung der bundeseinheitlich geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Einkommensentwicklung 2010 maßgebend. Der Wert für 2010 beträgt + 2,07 Prozent.