Mittwoch, 27. Oktober 2010

Darlehen und ALG II

Der Erhalt eines Darlehens ist kein Einkommen, welches angerechnet werden kann. Allerdings sind an den Nachweis eines solchen Darlehens strenge Anforderungen zu stellen, um es von Schenkung oder Unterhaltsleistungen abzugrenzen. Letztere wären als Einkommen anzurechnen.

Eine Sachverhalt hierzu hat das Bundessozialgericht entschieden und der Leistungsempfängerin Recht gegeben.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Notwendiger Umzug in teurere Wohnung auch ohne behördliche Genehmigung zulässig

Das Sozialgericht Dortmund hat eine Arbeitsgemeinschaft für die Grundsicherung Arbeitsuchender (ARGE) zur Gewährung höherer Kosten der Unterkunft nach einem notwendigen Umzug ohne vorherige Zustimmung der Behörde verurteilt.

Zu Grunde lag ein Fall zu den Kosten der Unterkunft einer Hartz IV-Bezieherin und ihrer 6-jährigen Tochter. Die Klägerinnen zogen in eine neue, teurere Wohnung um, weil in der alten Wohnung Schimmel aufgetreten war und die Tochter hieran erkrankte.

Nach den einschlägigen Richtlinien des Wohnortes können höhere Unterkunftskosten nur nach vorheriger Zustimmung der Grundsicherungsbehörde zum Umzug getragen werden. Weil diese nicht vorlag, wollte die ARGE nur die alte, geringere Miete bezahlen.

Hiergegen wurde erfolgreich geklagt.

Das Sozialgericht Dortmund stellte nach Beweisaufnahme fest, dass trotz Renovierungsversuchen mehrfach Schimmel in der alten Wohnung aufgetreten sei. Das Gericht sah darin eine Gesundheitsgefährdung der Klägerinnen und bejahte eine Umzugsnotwendigkeit. Daraus ergebe sich die gesetzliche Verpflichtung der ARGE, die Kosten der neuen, teureren Unterkunft bis zur angemessenen Kaltmiete zu übernehmen.

Ein in Verwaltungsvorschriften des Wohnortes enthaltener Genehmigungsvorbehalt bei Umzügen von Grundsicherungsempfängern sei nicht geeignet, die gesetzliche Verpflichtung der Stadt zur Übernahme notwendiger Unterkunftskosten zu verdrängen.

Sperrzeit wegen Alkoholgenuss

Fährt ein Berufskraftfahrer ausserhalb der Arbeitszeit unter Alkoholeinfluss und wird ihm deswegen die Fahrerlaubnis entzogen, kann dies zur Kündigung des arbeitsverhälltnisses führen.

Doch es kommt noch schlimmer.

Nach einer Entscheidung des LSG Hessen rechtfertigt der Sachverhalt auch eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen. Das heißt, der betroffene Arbeitnehmer erhält kein Arbeitslosengeld.

Montag, 25. Oktober 2010

Keine Freibeträge auf Krankengeld während ALG II - Bezug

Krankengeld ist nach einer Entscheidung des LSG Baden-Würtemberg kein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit. Deshalb sind bei der Anrechnung als Einkommen hiervon keine Freibeträge nach §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 30 SGB II abzusetzen.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Duldung der Transparenzberichte durch Pflegeeinrichtungen

Nach einer Entscheidung des LSG Sachsen - Anhalt müssen Alten- und Pflegeheime die gesetzlich vorgeschriebene Veröffentlichung von Prüfergebnissen über ihre Pflegequalität dulden. Sie können sich grundsätzlich nicht gerichtlich gegen den Aushang der Transparenzberichte im Heim selbst sowie die Veröffentlichung im Internet wehren.

Etwaige Wettbewerbsnachteile durch negative Bewertungen sind hinzunehmen und überwiegen das Informationsbedürfnis der Pflegebedürftigen und ihrer Angehöriger nicht.

Anderes könnte nur dann gelten, wenn die Transparenzberichte falsche Tatsachen oder bewusste Verzerrungen enthalten.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Krankenversicherung und ALG II

Wer in der Vergangenheit selbständig erwerbstätig und privat versichert war, ist auch bei Bezug von Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies gilt nach einer Entscheidung des LSG Nordrhein - Westfalen auch dann, wenn schon vor dem Bezug von ALG II aufgrund Beitragsrückständen der private Krankenversicherungsschutz beendet und die selbständige Tätigkeit aufgegeben worden war.

Hintergrund des gerichtlichen Verfahrens war, dass seit dem 1.1.2009 eine allgemeine Versicherungspflicht auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) besteht. Selbständige, die dem System der PKV zugewiesen sind, sind daher verpflichtet, einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Der Gesetzgeber hat aber keine ausdrückliche Regelung für den Fall getroffen, dass diese Versicherungspflicht nicht erfüllt wird. Gleichzeitig begründet der Bezug von Arbeitslosengeld II Versicherungspflicht in der GKV. Dies allerdings nur, wenn der Betreffende nicht unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II überhaupt nicht krankenversichert und hauptberuflich selbstständig erwerbstätig war.

Der leistungsbeziehende Antragsteller vertrat die Auffassung, er zähle nicht zu diesen Selbständigen, da er seine selbständige Erwerbstätigkeit kurz vor dem Bezug des ALG-II aufgegeben habe. Das Gericht teilt diese Auffassung nicht. Für die Zugehörigkeit zu dem von der Versicherungspflicht in der GKV ausgeschlossenen Personenkreis der Selbständigen komme es allein auf den durch die letzte berufliche Tätigkeit erlangten Status an, auch wenn die selbständige Tätigkeit schon kurz vor dem Leistungsbezug beendet worden sei. Andernfalls würde die gesetzgeberische Grundentscheidung verfehlt. Der Gesetzgeber habe im Interesse einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen privater und gesetzlicher Versicherung die Risiken dem System zuzuweisen wollen, dem sie auf Grund der bisherigen beruflichen Tätigkeit des Betroffenen zuzuordnen seien. Da die privaten Versicherer verpflichtet sind, unabhängig von Vorerkrankungen einen Vertrag in Basistarif abzuschließen, müsse der Betroffene sich um eine entsprechende private Versicherung bemühen.

Montag, 18. Oktober 2010

Der Sturz eines Pfarrers ...

kann auch zu rechtlich interessanten Sachverhalten führen.

Aufgrund der Sparbemühunghen der Kirche und dem damit u.a. verbundenen Personalausdünnung (1 Pfarrer und viele Gemeinden) hat ein bereits in Rente befindlicher Pfarrer vertretungsweise einen Gottesdienst am Karfreitag gehalten.

Auf dem Aufgang zur Orgelempore stürzte er und brach sich das Bein.

Nun war zu klären, wer für die Krankenbehandlung aufkommen muss.

Nach einem Urteil des SG Frankfurt/Main muss nicht die Berufsgenossenschaft, sondern die Kirche für die Heilbehandlungskosten aufkommen. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Rentner in einem Dienstverhältnis zur Kirche stand und nicht in einem Arbeitsverhältnis.

Ist Zeckenbiss ein Dienstunfall?

Diese Frage ist grundsätzlich zu bejahen, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass der Zeckenbiss während einer Dienstverrichtung mit entsprechendem Risiko erfolgte, vgl. den Fall "Biss im Morgengrauen".

Einen solchen Nachweis konnte ein Beamter in Nordrhein-Westfalen nicht erbringen, weshalb er mit seinem Begehren auf Anerkennung einer Borrelioseerkrankung als Dienstunfall scheiterte vor dem Oberverwaltungsgericht (13.10.2010 - 1 A 3299/08).

Um Ansprüche zu wahren kommt es deshalb für Arbeitnehmer und Beamte darauf an, von Anfang an eine lückenlose Beweiskette aufweisen zu können, dass der Zeckenbiss während der Arbeits- bzw. Dienstzeit erfolgte.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus betrieblicher Altersrente können verfassungswidrig sein.

Das Bundesverfassungsgericht hatte über 2 ähnliche Sachverhalte zu entscheiden. Trotz der Ähnlichkeiten kam es zu unterschiedlichen Entscheidungen.

Sachverhalt 1
Für Rentner Beispiel wurde von seinem Arbeitgeber eine Betriebsrente im Wege einer Direktversicherung abgeschlossen und Beiträge zur Versicherung bezahlt. Die Versicherungsbeiträge wurden direkt aus dem sozialversicherungspflichtigen Gehalt des damals noch arbeitenden Beispiel gezahlt. Nachdem Herr Beispiel aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, führte er die Zahlung der Versicherungsbeiträge fort. Der Arbeitgeber blieb jedoch weiterhin Versicherungsnehmer. Nach Bezug der Rente wurden durch die Krankenkasse Beiträge gefordert. Hiergegen klagte der Rentner Beispiel erfolglos.

Sachverhalt 2
Für Rentner Muster wurde ebenfalls von seinem Arbeitgeber eine Betriebsrente im Wege einer Direktversicherung abgeschlossen und Beiträge zur Versicherung bezahlt. Die Versicherungsbeiträge wurden hier jedoch nicht direkt aus dem sozialversicherungspflichtigen Gehalt des damals noch arbeitenden Muster gezahlt. Nachdem Herr Muster aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, führte er die Zahlung der Versicherungsbeiträge fort. Der Arbeitgeber übertrug den Status als Versicherungsnehmer auf Herrn Muster. Auch hier erhob die Krankenkasse auf den Bezug der Rente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Auch Muster klagte hiergegen erfolglos.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Kläger (vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerdeführer) Beispiel die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bezahlen muss, während der Kläger Beispiel diese nur zu dem Teil tragen muss, der den Anteilen entspricht, auf die der ehemalige Arbeitgeber Versicherungsbeiträge zahlte.

Die Entscheidungen begründete das Bundesverfassungsgericht mit folgenden Erwägungen.

Der Grundsatz der Beitragserhebung auch auf Kapitalleistungen aus betrieblichen Direktversicherungen nach § 229 I Satz 3 SGB V ist verfassungskonform und stellt auch keine Verletzung gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz dar.

Jedoch kann die Beitragserhebung auf Beiträge, die durch einen Arbeitnehmer als eigener Versicherungsnehmer in Fortführung der Direktversicherung – hier Rentner Muster – gezahlt wurden, die Unterscheidung zwischen betrieblicher und privater Altersvorsorge unzulässig verwischen. Dies würde zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung führen.

Mit der Übertragung des Versicherungsnehmerstatus vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer führt mithin dazu, dass bei Versicherungsbeitragsfortführung der betriebliche Bezug entfällt und von einem Privatversicherungsverhältnis auszugehen ist.

Mithin ist bei der Kapitalauszahlung aus der Direktversicherung zu unterscheiden zwischen den Kapitalerträgen, welche noch aus den Beiträgen des Arbeitgebers stammen, und den Erträgen aus den Beitragszahlungen des Arbeitnehmers. Erstere unterliegen der Kranken- und Pflegeversicherung, während letztere Erträge dieser nicht unterliegen.

Freitag, 15. Oktober 2010

Welche Fragen harren der Antwort?

Wissen Sie, welche aktuellen Rechtsfragen im Sozialrecht einer Antwort harren?

Egal ob, Sozialleistungen nach SGB II oder SGB III, ob Erwerbsunfähigkeitsrente etc.. Beim Bundessozialgericht gibt es eine Übersicht, aus der jeder entnehmen kann, welche Rechtsprobleme demnächst vom Bundessozialgericht (BSG) zu lösen sind.

Die Entscheidungen finden sich dann natürlich auch auf den Seiten des BSG.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Mehrbedarf wegen Laktoseintoleranz?

Leiden Empfänger von SGB II - Leistungen (ALG II, Hartz 4) nachweisbar unter einer Laktoseintoleranz, kann ihnen ein Mehrbedarf zuerkannt werden.

Derzeit läuft ein entsprechendes Verfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz (Az: S 20 AS 474/06), in dem die ARGE Stollberg sich seit langem weigert, trotz sachverständig festgestellter Laktoseintoleranz des Leistungsempfängers und der Notwendigkeit zur Einnahme laktosefreier Nahrungsmittel nebst entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln aufgrund lakosehaltiger Medikamente und richterlichen Hinweisen einen Mehrbedarf von ca. 70,00 € im Monat zu zahlen.

Ich empfehle,
bei bestehender Laktoseintoleranz sollten Sie einen Mehrbedarf beantragen. Falls dies abgelehnt wird, können Sie hiergegen Widerspruch einlegen und unter Hinweis auf das laufende Verfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz sowie ein Urteil des LSG Bayern vom 13.09.2007 (Az.: L 11 AS 258/06) das Ruhen des Verfahrens beantragen und sich von Zeit zu Zeit zu informieren, ob nun eine Entscheidung vorliegt.