Dienstag, 26. Juni 2012

kein Mehrbedarf für "Abholservice"

Das SG Heilbronn (S 11 AS 1953/12 ER) hat entschieden, dass ein Vater, der seine (bei der Mutter lebenden) Kinder zum Wochenendbesuch bei der Mutter abholt, obwohl die Kinder ohne elterliche Begleitung anreisen könnten, seine Fahrtkosten nicht als Hartz IV-Mehrbedarf geltend machen kann.

Dienstag, 19. Juni 2012

zahlt das Amt den Friseur?

Die mit ihrem Sohn in einer Bedarfsgemeinschaft wohnende Sozialleistungsberechtigte begehrt höheres Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 01.06. bis 30.11.2008. Sie nahm ab dem 01.06.2008 eine Halbtagsbeschäftigung bei der Deutschen Vermögensberatung AG auf. Die Sozialbehörde bewilligte Leistungen für Juni 2008 in Höhe von 675,89 Euro, für Juli 2008 in Höhe von 107,28 Euro und für August bis November 2008 in Höhe von 108,66 Euro.

Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Leistungsberechtigte gegen die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für Business-Kleidung und Friseurbesuche als Abzugsposten vom zu berücksichtigenden Einkommen.

Das erstinstanzliche Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen fehle es – unter Beachtung der steuerrechtlichen Grundsätze – an einer Berücksichtigungsfähigkeit als Werbungskosten. Im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsordnung seien auch im Bereich des SGB II dieselben Grundsätze anwendbar wie im Steuerrecht. Diesbezüglich ergäben sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Dem folgte im wesentlichen das Landessozialgericht.

Im Verfahren vor dem Bundessozialgericht (B 4 AS 163/11 R) trägt die Leistungsberechtigte vor, dass sie im Büro und bei Außenterminen, bei denen sie ihren Chef begleiten müsse, sowie bei Schulungen repräsentative Kleidung tragen müsse. Dies umfasse auch die Benutzung von Kosmetika und Friseurbesuche. Die steuerrechtlichen Regelungen zur Absetzungsmöglichkeit für Business-Kleidung und Friseurbesuche seien auf einen SGB II-Bezieher nicht anwendbar, weil sie ansonsten für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit auf das Existenzminimum zurückgreifen müsse.

Heute (19.06.2012) verhandelt das Bundessozialgericht darüber.

Ergänzung vom 20.06.2012: Laut Medienbericht des BSG verbleibt es auf den ersten Blick bei den Ausgangsentscheidungen. U.a. wird ausgeführt:

"Grundsätzlich ist die für das SGB II maßgebende Vorschrift gegenüber der steuerrechtlichen Regelung für die sog Werbungskosten enger, weil nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen berücksichtigt werden können, während das Steuerrecht es genügen lässt, dass die fraglichen Ausgaben durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Auf dieser Grundlage können die fraglichen Aufwendungen - entsprechend der Sichtweise im Steuerrecht - nicht als mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundene Aufwendungen anerkannt werden. Hinsichtlich der Aufwendungen für Bekleidung gilt, dass nur die typische Berufskleidung als Abzugsposten berücksichtigungsfähig ist. Merkmal der typischen Berufskleidung ist entweder ihre Unterscheidungsfunktion oder ihre Schutzfunktion. Beide Funktionen treffen auf die Business-Kleidung nicht zu. Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich der Aufwendungen für Friseurbesuche, denn hierbei handelt es sich um sog gemischte Aufwendungen, die zugleich dem privaten und beruflichen Lebensbereich zugeordnet werden können und grundsätzlich durch die Regelleistung abgedeckt werden."


Aber dann kommt die Hintertür:

"Eine über die steuerrechtlichen Grundsätze hinausgehende Berücksichtigung von Aufwendungen ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geboten, wenn dieses durch das zentrale Anliegen des SGB II, den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, gefordert wird. Insoweit war hier aber zu berücksichtigen, dass für die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen grundsätzlich die Eingliederungsleistungen des SGB II zur Verfügung stehen."

Ob der Leistungsberechtigten insoweit ein weitergehender Leistungsanspruch zusteht, konnte das BSG (noch) nicht entscheiden.

Dienstag, 5. Juni 2012

kein Konzept zu Kosten der Unterkunft in Dresden

In einem Rechtsstreit zwischen Leistungsberechtigten und dem Jobcenter Dresden ging es auch um das Konzept zur Ermittlung der Kosten der Unterkünfte in Dresden durch das Gutachten des Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt (IWU).

Dabei stellte das Sächsische LSG (Beschluss vom 29. Mai 2012 (Az. L 7 AS 24/12 B ER)) fest, dass dieses zur Anwendung gelangte Konzept unschlüssig ist und stellt dar, welche Kosten der Unterkunft nun vorlaüfig zu Bemessung der SGB II - Leistungen heranzuziehen sind.

Es ist daher derzeit davon auszugehen, dass die bisherigen Festsetzungen zumindest angreifbar erscheinen.