Dienstag, 3. März 2015

Unfall bei Vorstellungsgespräch

Ein Empfänger von Arbeitslosengeld erhielt von Seiten der Agentur für Arbeit im Mai 2012 die Aufforderung, sich umgehend schriftlich oder per E-Mail bei einem Unternehmen als Bauhelfer zu bewerben. Wenige Tage nach dieser Aufforderung fuhr er von seiner Wohnung mit dem Fahrrad zu diesem Unternehmen, um dort ein Vorstellungsgespräch zu führen. Auf dem Rückweg stieß er mit einem PKW zusammen und zog sich schwerste Hirnverletzungen zu.

Er begehrte die Feststellung, dass der Unfall ein Arbeitsunfall ist und deshalb die gesetzliche Unfalversicherung die Leistung zu tragen hat. Der beklagte Unfallversicherungsträger verweigerte dies allerdings und stellte sich auf den Standpunkt, dass ein Unfallversicherungsschutz ausscheide, weil die Agentur für Arbeit den Arbeitslosen nur aufgefordert habe, sich schriftlich zu bewerben, nicht aber ein Vorstellungsgespräch zu führen.

Das SG Konstanz stellte nun in seiner Entscheidung fest, dass es sich bei dem Ereignis um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Als der Kläger bei dem Unfall verletzt wurde, war er nach den Vorschriften des SGB VII versichert. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind kraft Gesetzes Personen versichert, die nach den Vorschriften des SGB II und des SGB III der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. Eine solche Aufforderung müsse im Zusammenhang mit den Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit stehen und es müsse sich auch um eine konkrete Willensäußerung handeln, die erkennen lasse, dass die Arbeitsverwaltung ein bestimmtes Verhalten vom Arbeitslosen erwarte. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG sei Maßstab der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten. Hierbei war auch das dem Kläger ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose zu berücksichtigen, in dem darauf hingewiesen wurde, dass eine Sperrzeit eintrete, wenn der Arbeitslose eine von der Agentur für Arbeit angebotene Arbeit ablehnt oder nicht antritt oder sein Verhalten das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt.

Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger die Aufforderung der Agentur für Arbeit dahingehend verstehen, dass diese Aufforderung nicht nur die Bewerbung, sondern auch das darauf folgende Vorstellungsgespräch umfasste. Dem Inhalt des Aufforderungsschreibens durfte der Kläger also entnehmen, dass die Agentur für Arbeit von ihm erwarte, dass er einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, die auf die Bewerbung erfolgen könnte, auch Folge leiste.