Montag, 17. Januar 2011

kein Darlehen für Stromschulden - kein warmes Essen für Kinder

Eine Leistungsempfängerin hat bei sozialwidrigem Verhalten keinen Anspruch auf ein Darlehen zum Ausgleich von Stromschulden.

Dies entschied das LSG Rheinland-Pfalz am 27.12.2010 (L 3 AS 557/10 B ER).

Die wichtigsten Auszüge aus dem Urteil lauten dabei wie folgt:

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 5 SGB II. Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

Die Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar, da hier Stromschulden im Streit stehen, die nicht die Heizung betreffen, sondern die die Haushaltsenergie betreffenden sonstigen Stromkosten. Diese werden nicht von den Kosten für Unterkunft und Heizung umfasst, sondern sind nach § 20 Abs. 1 SGB II Bestandteil der Regelleistung. Der Senat hält allerdings in vergleichbaren Notlagen eine entsprechende Anwendung des § 22 Abs. 5 SGB II für geboten (Beschluss des erkennenden Senats vom 12.12.2008 - L 3 ER 301/08 AS und L 3 B 397/08 AS). ...

Darüber hinaus könnte eine Verpflichtung des Antragsgegners zur darlehensweisen Übernahme der Stromschulden nur bestehen, wenn er in der Hauptsache zu einer positiven Entscheidung verpflichtet wäre. Dies ist aber nicht der Fall.

Bei der Ermessensentscheidung sind in einer umfassenden Gesamtschau die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, nämlich die Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, das Alter sowie evtl. Behinderungen der jeweiligen Mitglieder der von der Energiesperre bedrohten Bedarfsgemeinschaft, das in der Vergangenheit vom Hilfesuchenden gezeigte Verhalten (erstmaliger oder wiederholter Rückstand, eigene Bemühungen, die Notsituation abzuwenden und die Rückstände auszugleichen) und ein erkennbarer Wille zur Selbsthilfe. Dabei kann es insbesondere darauf ankommen, ob sich der Leistungsberechtigte missbräuchlich verhalten hat. Dies ist im Regelfall zu bejahen, wenn der Hilfesuchende seine Energiekostenvorauszahlungen bewusst nicht leistet und sein Verhalten darauf schließen lässt, dass er auf eine darlehensweise Übernahme entstehender Schulden durch den Leistungsträger vertraut oder gar spekuliert. In einem solchen Fall wird die Notlage gezielt zu Lasten des Leistungsträgers herbeigeführt. Dies kann jedoch nicht hingenommen werden (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.06.2010, L 13 AS 147/10 B). ...

Das Verhalten der Antragstellerin zu 1) spricht dafür, dass sie die Abschläge bewusst im Vertrauen darauf nicht erbracht hat, dass diese möglicherweise später darlehensweise vom Antragsgegner übernommen werden.

Wie sich aus den Auskünften der R-GmbH und den oben erwähnten Schreiben des Unternehmens vom 17.11.2009 ergibt, sind bereits seit Juni 2009 die für die Stromlieferungen der vorherigen Wohnung in der H-strasse in I geforderten Abschläge ebenso wenig gezahlt worden wie die zum 30.03.2010 gestellte Schlussrechnung. Erst während des hier anhängigen Verfahrens, nämlich am 15.11.2010, ist mit der Nachzahlung an die Prozessbevollmächtigten der größte Teil dieser Schulden beglichen worden. Auch im Jahr 2010 sind Stromabschläge in Höhe von monatlich 50,00 Euro nicht beglichen worden, wie sich aus dem Schreiben der R GmbH vom 21.06.2010 ergibt.

... Auch im Übrigen war sie (die Leistungsempfängerin) durchaus in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen und zu regeln. Sie hat Anträge bei dem Antragsgegner gestellt, wobei sie teilweise auch Zuschüsse wegen einer Klassenfahrt ihrer Tochter oder sonstiger Schulkosten beantragt hat. Im Jahr 2010 hat sie sich auch mehrfach an den Antragsgegner gewandt mit dem Hinweis, dass ihr weiterhin Leistungen zur Rückzahlung des Mietkautionsdarlehns abgezogen wurden, obwohl dieses schon erledigt sein müsste. Warum es der Antragstellerin nicht möglich gewesen sein soll, die Stromkosten zu zahlen, was ggf. durch eine einmalige Lastschriftermächtigung möglich gewesen wäre, erschließt sich dem Senat unter Berücksichtigung ihres sonstigen Verhaltens nicht. ...

Wie oben dargelegt, ist die Wohnung weiterhin beheizbar, auch warmes Wasser ist vorhanden. Einschränkungen bei der alltäglichen Versorgung ergeben sich im Wesentlichen wegen der fehlenden Beleuchtung, fehlender Kochmöglichkeiten und der Nutzung von Haushaltsgeräten, wie etwa einer Waschmaschine. Aber auch dies führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine ausreichende Ernährung von Kindern außerhalb des Säuglings- oder Kleinkinderalters von 9, 15 und 16 Jahre kann auch ohne warme Mahlzeiten – zumindest für eine Übergangszeit - sichergestellt werden, zumal die Antragstellerin zu 1) selbst vorgetragen hat, dass diese nicht gefährdet ist. Körperpflege und Reinigung von Kleidern und Geschirr ist ebenfalls möglich, denn warmes Wasser ist vorhanden. Erschwernisse, die sich dadurch ergeben, dass eine Wasch- und ggf. Spülmaschine nicht benutzt werden kann, sind bei der selbst herbeigeführten Notsituation hinzunehmen.

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