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Donnerstag, 22. August 2013

Unfallschutz bei Verwandtenhilfe?

Ein 38-jähriger Mann aus Kassel war seit dem 1995 als Gebäudereiniger tätig. Als er für seine Schwester die Außenfassade des Hauses reinigte und das in die Mauerfugen eingewachsene Efeu beseitigte, stürzte er aus 3 m Höhe von der Leiter und ist seitdem schwerverletzt.

Er beantragte bei der Unfallkasse Entschädigungsleistungen. Diese lehnte jedoch mit der Begründung ab, dass es sich um eine unentgeltliche Gefälligkeitsleistung unter Verwandten gehandelt habe, die nicht gesetzlich unfallversichert sei.

Das Sozialgericht verurteilte hingegen die Unfallkasse zur Entschädigung. Aufgrund des hohen Aufwandes könne nicht von einer bloßen Gefälligkeit ausgegangen werden, die unter Geschwistern selbstverständlich sei. Gegen das Urteil legte die beklagte Unfallkasse Berufung ein.

Das LSG Darmstadt hat das Urteil des Sozialgerichts daraufhin aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Landessozialgerichts kommt es nicht darauf an, ob der verunglückte Mann eine Gefälligkeitsleistung unter Verwandten erbracht habe, da er jedenfalls nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden sei. Vielmehr habe er eine unternehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt, die nicht gesetzlich unfallversichert sei. Denn er sei gegenüber seiner Schwester nicht weisungsgebunden gewesen. Er habe die Renovierungsarbeiten selbst angeboten, keine konkreten Vorgaben gemacht bekommen und das nötige Werkzeug mitgebracht.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Eisessen + Luft schnappen = Arbeitsunfall?

Ein Mechaniker hat sich während eines Leerlaufs des Montagebands am rund 20 Meter von der Halle (mit einer Lufttemperatur von 30 °C) entfernten Kiosk ein Eis gekauft. Dies verzehrte er im Schatten unmittelbar vor einer Hallenaußentür.

Kurz darauf stieß ein anderer Mitarbeiter die Tür auf und traf den Mechaniker an der linken Ferse. Dieser erlitt einen Riss seiner Achillessehne und eine 4 cm lange Schnittwunde am Sprunggelenk. Er musste zweimal operiert werden, konnte wegen des Unfalls nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren und leidet noch heute an den Folgen des Ereignisses.

Die Berufsgenossenschaft übernahm zunächst die Behandlungskosten, lehnte dann aber die weitere Kostenübernahme und die Anerkennung als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, dass das Eisessen nicht dazu gedient habe, die Arbeitskraft des Mechanikers zu erhalten. 

Der Mechaniker erhol Widerspruch (erfolglos) und Klage zum Sozialgericht Heilbronn.

Dieses entschied, dass der Unfall vor der Halle als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. Entscheidend sei, dass er sich nicht nur von seinem Arbeitsplatz entfernt habe, um ein Eis zu kaufen, sondern um darüber hinaus auch frische Luft zu schnappen. Dies sei notwendig gewesen, da er aufgrund der Hitze in der Halle und der schlechten Raumluft seine schwere körperliche Arbeit bis zum Schichtende andernfalls nicht durchgehalten hätte

Dienstag, 28. Mai 2013

Ein Schuß ins Knie ist kein Arbeitsunfall

Überfälle sind nicht gern gesehen. Kommt dabei jemand zu Schaden, ist es oft mit Mühen verbunden, entsprechenden Schadensersatz zu erhalten - wenn überhaupt. Es wäre doch gut, wenn auch woanders noch etwas Geld herkommen würde, warum nicht von der Berufsgenossenschaft, wenn der Überfall auf Arbeit geschieht? 

Das dachte sich wohl auch ein Mitarbeiter einer Bausparkasse, der in einem Home Office im eigenen Wohnhaus in Dresden tätig war.

Im März 2007 öffnete er auf ein Läuten die Hauseingangstür und wurde sofort von zwei Männern mit einer Pistole bedroht. Im Schlafzimmer schossen ihn die Täter in beide Kniegelenke. Danach verließen sie das Haus, ohne Wertsachen mitzunehmen.

Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen konnte sich der Bausparkassenvertreter den Überfall nur mit Streitereien um Fördermittelzusagen von einer Million an einen Verein erklären. Die Vereinsmitglieder hätten ihm gegenüber damit gedroht, mal zwei Russen vorbeizuschicken, falls das schiefgehen sollte. Für diesen Verein war er privat als Berater tätig.

Tatsächlich wurden zwei wegen diesem Überfall Angeklagte im März 2008 rechtskräftig zu Freiheitsstrafen von fünf bzw. vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.


Der verletzte Bausparkassenvertreter wollte nun, das dieser Überfalll als Arbeitsunfall von der Berufsgenossenschaft anerkannt wird. Diese lehnte jedoch ab und verwies darauf, dass der Überfall auf private Gründe zurückzuführen sei.

Auch das angerufene Sozialgericht Dresden hat das Begehren des Bausparkassenvertreters abgewiesen.

Ein abhängig Beschäftigter steht bei einem vorsätzlichen tätlichen Angriff (nur) dann unter Versicherungsschutz, wenn der Angriff des Täters aus betriebsbezogenen Motiven erfolgt. Die Motive der Täter waren hier aber am ehesten auf die private Tätigkeit des Bausparkassenvertreters als Berater für einen Verein zurückzuführen.

Unerheblich sei, dass der Überfall zufällig zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit als Versicherungsangestellter erfolgte. Ein Zusammenhang des Überfalls mit einer versicherten Tätigkeit sei nicht feststellbar.

Dienstag, 23. Oktober 2012

Dresdner Busfahrer sind Arbeitnehmer und keine Selbständige

Ein von den Dresdner Verkehrsbetrieben mit Linienfahrten beauftragtes Tochterunternehmen muss nach einer Entscheidung des Sozialgerichtes Dresden Sozialversicherungsbeiträge für Busfahrer nachzahlen, die es in den Jahren 2003 bis 2006 als angeblich Selbstständige nach Bedarf im Fahrdienst eingesetzt hatte.

Im Gegensatz zu den offiziell als Arbeitnehmer angestellten Busfahrern verfügten die betroffenen Busfahrer selbst über eine Gewerbeeintragung als selbstständige Unternehmer. Es stand ihnen im Einzelfall frei, die Fahraufträge des Busunternehmens anzunehmen. Das Entgelt wurde ohne Beachtung der geltenden Tarifverträge einzeln ausgehandelt. Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wurden nicht gewährt. Busse und Dienstbekleidung sowie ein Fahrscheinmodul wurde durch das Busunternehmen zur Verfügung gestellt.

Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 2007 stellte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland fest, dass die Busfahrer eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübten und deshalb der Sozialversicherungspflicht unterlägen.

Nach Auffassung des Sozialgerichts waren die Busfahrer Arbeitnehmer des Busunternehmens. Ein Dienstverhältnis sei nicht allein deshalb als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren, weil der Dienstherr dem Dienstnehmer ebenso zwingende wie elementare Arbeitnehmerrechte vorenthalte. Die Busfahrer trugen vielmehr mangels eigener Betriebsmittel kein unternehmerisches Risiko. Sie waren weder in unternehmerische Entscheidungen eingebunden noch über das fest vereinbarte Entgelt hinaus am Gewinn des Unternehmens beteiligt.

Freitag, 15. Juli 2011

Die Auswahl eines Sachverständigen ...

obliegt originär dem Gericht nach § 404 ZPO, welcher auch in der Sozialgerichtsbarkeit Anwendung findet. Eine Ausnahme hierzu stellt der § 109 SGG dar, wonach eine Partei einen Sachverständigen benennt, der dann vom Gericht zu beauftragen ist.

Nun gibt es oft das Problem in der flexiblen Arbeitswelt, dass Ärzte das Krankenhas verlassen usw.. Kommt dann ein Gutachtenauftrag vom Sozialgericht reichen Krankenhäuser den Auftrag oft an den Nachfolger weiter. Nach einer Entscheidung des BSG vom 02.12.2010 (B 9 SB 2/10 B) ist dies jedoch unzulässig.

Die Auswahl der natürlichen Person als Gutachter obliegt dem Gericht, nicht dem Krankenhaus. Wird ein Gutachtenauftrag einfach dem Nachfolger übergeben, entscheidet das Krankenhaus über den Gutachter. Dies ist nicht hinnehmbar (vgl. § 407 a ZPO). Zumindest bedarf es hierfür einer ausdrücklichen nach außen erkennbaren Zustimmung des Prozessgerichtes.

ERGO: Prüfen Sie immer, wer das Gutachten erstellt hat und ob dies die im beweisbeschluss bestellte Person ist.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Falschberatung der Agentur für Arbeit führt zu längerer Bezugsdauer

Eine noch nicht ganz 58 Jahre alte Arbeitnehmerin verlor Ihren Job und meldete sich Arbeitslos. Zwei Monate später vollendete sie Ihr 58. Lebensjahr.

Die Agentur für Arbeit gewährte dem Gesetz nach 18 Monate Arbeitslosengeld. Da die Arbeitslose damit nicht zufrieden war und 24 Monate Leistungen erhalten wollte klagte sie - erfolgreich!

Das Sozialgericht Chemnitz (Urteil vom 20.1.2011 – S 6 AL 986/09) führte aus, dass die Agentur die Klägerin auf die Möglichkeit hätte hinweisen müssen, den Beginn der Arbeitslosengeldzahlung zu verschieben. Weil dieser Hinweis nicht kam, kann die Arbeitslose aufgrund des sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs nun 24 Monate Arbeitslosengeld beziehen.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Nach Eisbeingenuss in Strasssenbahn einen Unfall erlitten

An einem Freitag feierte eine Gruppe von Ein-Euro-Jobbern ihren Abschied aus einem Förderprojekt. Es gab Eisbein, für das jeder 5 Euro zahlen musste. Der Kläger fuhr gegen 23.30 Uhr mit der Straßenbahn nach Hause. In einer Linkskurve fiel er vom Sitz und brach sich einen Wirbel. 10 Tage lag er im Krankenhaus.

Nun bestand Streit, ob der Unfall als Arbeitsunfall zu werten war.

Das Sozialgericht entschied: Kein Arbeitsunfall. Grundsätzlich ist zwar auch der Arbeitsweg mitversichert. Das gilt aber nicht, wenn zwischen Arbeit und Weg eine Unterbrechung von mehr als 2 Stunden liegt und die Feier keine (die Arbeitszeit gewissermaßen verlängernde) Betriebsveranstaltung war. Die Idee kam vorliegend allein von den Mitarbeitern. Diese organisierten und zahlten alles selbst. Die Chefin stellte nur den Raum zur Verfügung.

Siehe auch Arbeitsunfall auf Weihnachtsfeier

Donnerstag, 25. November 2010

Sozialleistungen versagt - Eilrechtsschutz gegeben

Eine Sozialbehörde hat einem Empfänger von SGB II - Leistungen, welcher als Untermieter bei seiner Freundin lebte, wegen Vermutung einer Einstandsgemeinschaft die beantragten Sozialleistungen versagt, da die Mitbewohnerin keine Unterlagen zum Antrag ausfüllte.

Der Sozialleistungsempfänger lehnte dies ab, weil er und seine Freundin die jeweiligen Rechnungen persönlich bezahlt und keiner für den anderen einstünde.

Bislang war fraglich, ob gegen die Versagung ein Eilrechtsschutz vor den Sozialgerichten möglich ist. Dies hat nun das Sozialgericht Berlin bejaht und ist zugleich auf die Prüfung einer Einstandsgemeinschaft eingegangen.

Montag, 18. Oktober 2010

Der Sturz eines Pfarrers ...

kann auch zu rechtlich interessanten Sachverhalten führen.

Aufgrund der Sparbemühunghen der Kirche und dem damit u.a. verbundenen Personalausdünnung (1 Pfarrer und viele Gemeinden) hat ein bereits in Rente befindlicher Pfarrer vertretungsweise einen Gottesdienst am Karfreitag gehalten.

Auf dem Aufgang zur Orgelempore stürzte er und brach sich das Bein.

Nun war zu klären, wer für die Krankenbehandlung aufkommen muss.

Nach einem Urteil des SG Frankfurt/Main muss nicht die Berufsgenossenschaft, sondern die Kirche für die Heilbehandlungskosten aufkommen. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Rentner in einem Dienstverhältnis zur Kirche stand und nicht in einem Arbeitsverhältnis.