Darf eine Behörde Dritte über den Leistungsbezug informieren? Diese Frage stellte sich dem Bundessozialgericht in einem Verfahren.
Hintergrund
Ein Ehepaar, welches Arbeitslosengeld II bezieht, bewohnten zusammen mit mehreren Kindern und weiteren Familienangehörigen bis Ende Februar 2008 ein 125 qm großes Haus. Das Mietverhältnis wurde von der Vermieterin, vertreten durch den Haus- und Grundbesitzerverein, gekündigt. Das mietende Ehepaar hatte eine von ihnen selbst aufgebrachte Kaution in Höhe von 2.611,78 Euro hinterlegt. Im Dezember 2007 unterzeichneten sie einen Mietvertrag für ein anderes Haus. Das Mietverhältnis sollte am 15.02.2008 beginnen und der neue Vermieter forderte eine Mietkaution in Höhe von 1.700 Euro.
Das Ehepaar beantragte die darlegensweise Zahlung der Kaution durch die Sozialbehörde, weil Kautionen regelmäßig erst nach einer gewissen Zeit ausbezahlt und abgerechnet werden. Die Sozialbehörde lehnte jedoch ab und verwies auf die Mietkaution für das bislang bewohnte Haus, die zur Begleichung der neuen Kaution eingesetzt werden könne. Nachdem das Ehepaar hartnäckig blieb, wandte sich die Sozialbehörde wegen der Auszahlung der Kaution an den Haus- und Grundbesitzerverein E. unter dem Betreff "Leistungen nach dem SGB II im Mietverhältnis …" mit Angabe der bisherigen Adresse und des Namens der Kläger und bat unter anderem um Mitteilung des Auszahlungstermins und der Höhe der Kaution. Zudem telefonierten Bedienstete der Soialbehörde mehrmals mit dem Haus- und Grundbesitzerverein E. und erkundigten sich nach dem Sachstand.
Nachdem das Ehepaar auch Schränke für die Kinder beantragte telefonierte ein Bediensteter der Sozialbehörde deswegen mit dem Ehemann der Vermieterin.
Das Ehepaar war damit nicht einverstanden und befürchtete Hohn und Spott. Sie beantragten die Feststellung, dass die Sozialbehörde unbefugt Sozialgeheimnisse offenbart habe. Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 35 Abs. 1 SGB I und ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
Die Entscheidung
Das Bundessozialgericht (Medieninformation 2/2012) gab dem Ehepaar Recht. Jeder Leistungsberechtigte hat nach den auch für das SGB II geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Die Sozialbehörde kann das Offenbaren der Sozialdaten nicht damit rechtfertigen, dass dies erforderlich sei, um die eigenen Aufgaben zu erfüllen. Es muss in jedem Fall die schutzwürdigen Interessen der Leistungsberechtigten beachten und hätte deshalb vor einer Kontaktaufnahme mit Dritten zunächst das Einverständnis der Kläger einholen müssen.
Die Autoren Franz Dillmann und Tobias Mommer kommen in einem Artikel auf Legal Tribune online zu der Aufassung, dass vorbezeichnete Entscheidung des Bundessozialgerichtes bedenklich sei und äussern:
"Wer die bloße Offenbarung des Leistungsbezugs gegenüber Dritten schon als Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen der Sozialleistungsberechtigten ansieht, impliziert, dass demjenigen, der Sozialleistungen bezieht, per se ein ehrverletztender gesellschaftlicher Makel anhafte. Entspräche es nicht eher dem Menschenbild des Grundgesetzes, wenn der Wert eines Menschen nicht daran gemessen werden würde, ob er soziale Rechte in Anspruch nimmt?"
Die eigentliche Härte:
AntwortenLöschenDass hier auf Steuerzahlers Kosten erst durchgeklagt wird, obwohl die Sachlage jedem normal denkendem Menschen klar sein sollte.
Scheinbar aber nicht den Jobcentern und auch nicht den untergeordneten Richtern/Senaten...
Und da sag mir noch einer: Deutschland schafft sich nicht ab...