Ein selbständig tätiger Unternehmensberater ist bei der gesetzlichen Unfallversicherung freiwillig versichert.
An einem Maitag im Jahre 2009 hat er auf dem Nachhauseweg von einer Veranstaltung (Vortrag) im U-Bahnhof ein Speiseeis erworben. Als der Zug einfuhr, habe er das letzte Stück des sehr hart gefrorenen Eises hinuntergeschlungen, da der Verzehr im Waggon nicht gestattet sei. Das Stück sei zu groß gewesen, sei offenbar in der Speiseröhre hängen geblieben und habe blitzartig dumpfe pulsierende Schmerzen mit Ausstrahlung nach rechts verursacht. Er sei zunächst in den Zug eingestiegen, habe diesen jedoch wegen anhaltender Schmerzen am U-Bahnhof wieder verlassen und habe sich von dort aus mit dem Taxi ins Klinikum begeben.
Das Krankenhaus teilte später der Berufsgenossenschaft mit, dass bei dem Unternehmensberater ein Herzinfarkt (Hinterwand-STEMI) diagnostiziert worden sei.
Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, wegen des Unfallereignisses "Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung" zu gewähren. Zweifelhaf sei schon, ob der Besuch des Vortrages zur versicherten Tätigkeit gehört, in jedem Fall sei aber der Genuss von Speiseeis nicht mehr einer versicherten Tätigkeit zuzuordnen. Im Übrigen sei auch ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Eisessen und dem Herzinfarkt nicht hinreichend wahrscheinlich.
Der vom Unternehmensberater eingelegte Widerspruch blieb erfolglos, weshalb er vor dem Sozialgericht klagte.
Das SG Berlin (Gerichtsbescheid vom 21.10.2011, S 98 U 178/10) wies die Klage jedoch ab und führte aus:
"Für die Zuordnung einer bestimmten Handlung zum Kreis der versicherten Tätigkeit reicht es nicht aus, dass ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen der Handlung und der grundsätzlich gemäß §§ 2, 3 bzw. 6 SGB VII versicherten Tätigkeit besteht, sondern es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Handlung mit der versicherten Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang steht und dieser wesentlich dient (Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 11 m. w. N.).
Der Vorgang der Nahrungsaufnahme ist grundsätzlich unversichert. Von diesem Grundsatz sind lediglich Ausnahmen zu machen, wenn die Nahrungsaufnahme zur Wiedererlangung der Arbeitskraft erforderlich ist oder sie aus betrieblichen Gründen besonders schnell erfolgen muss und der Unfall auf das hastige Essen zurückzuführen ist (Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 80 m. w. N.).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Verzehr des Eises war zur Wiedererlangung der Arbeitskraft nicht erforderlich. Abgesehen davon, dass ein Speiseeis erfahrungsgemäß zu Genusszwecken und gerade nicht zum Zwecke der Stärkung verzehrt wird, befand sich der Kläger ohnehin bereits auf dem Weg nach Hause, als er das Eis zu sich nahm. Er war dementsprechend auf die Nahrungsaufnahme nicht angewiesen, um seine Arbeit fortzusetzen, denn die Arbeit war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Die Nahrungsaufnahme musste auch nicht aus betrieblichen Gründen besonders schnell erfolgen. Der Kläger hat das Eis mit besonderer Beschleunigung gegessen, weil er in den Zug einsteigen wollte und der Verzehr von Speiseeis im Zug nicht gestattet ist. Hierbei handelt es sich um einen Grund, der erkennbar nicht betrieblicher Natur ist, denn er steht in keinem Zusammenhang mit den geschäftlichen Abläufen im Unternehmen des Klägers."
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