Ein 28-jähriger Mann war nachts auf der Autobahn mit seinem PKW in
einen Erdhügel gefahren und hatte sich dabei mehrere Frakturen und eine
Armnervenschädigung zugezogen, seinen Beruf und auch andere Tätigkeiten
kann er seitdem wegen der Unfallfolgen nicht mehr ausüben. Deshalb
beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen eine Rente
wegen Erwerbsminderung. Der Mann hatte zum Unfallzeitpunkt
keine Fahrerlaubnis und auch 1,39 Promille Alkohol im Blut. Deshalb war
er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in
Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig zu
einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden.
Die Rentenversicherung lehnte den Rentenantrag ab und bezog sich auf § 104 SGB VI. Danach kann eine Rente ganz oder
teilweise versagt werden, wenn jemand sich die für die Rentenleistung
erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung
zugezogen hat, die nach strafgerichtlichen Urteil ein Verbrechen oder
vorsätzliches Vergehen ist.
Der Anwalt des Mannes argumentierte dagegen,
die vorsätzlich begangene Fahrt ohne Fahrerlaubnis sei nicht ursächlich
für den Unfall gewesen. Sein Mandant habe über die notwendigen
theoretischen und praktischen Kenntnisse für das Autofahren verfügt, da
er früher bereits einmal den Führerschein besessen habe. Die Trunkenheit
im Straßenverkehr habe er nur fahrlässig begangen.
Das SG Gießen(S 4 R 158/12) hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts wäre es zu dem Unfall nicht
gekommen, wenn der Kläger nicht gefahren wäre; das Fahren ohne
Fahrerlaubnis könne auch nicht getrennt von der fahrlässigen Trunkenheit
im Straßenverkehr gesehen werden. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der
Kläger alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über die für das
Autofahren notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt,
sonst wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.
Die Rentenversicherung habe mit ihrer Ablehnung auch keinen
Ermessensfehler begangen. Zweck der von ihr angewandten Vorschrift sei
ein Ausgleich zwischen dem Grundsatz, dass Sozialrecht keine
strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen hat, und dem sozialethisch kaum
tolerierbaren Ergebnis, dass schwere Strafverstöße auch noch durch
Sozialversicherungsleistungen "belohnt" werden. Dem habe die
Rentenversicherung ausreichend Rechnung getragen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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