Ein Empfänger von Arbeitslosengeld erhielt von Seiten der Agentur für Arbeit im Mai 2012 die Aufforderung, sich umgehend schriftlich oder per E-Mail bei einem Unternehmen
als Bauhelfer zu bewerben. Wenige Tage nach dieser Aufforderung fuhr er
von seiner Wohnung mit dem Fahrrad zu diesem Unternehmen, um dort
ein Vorstellungsgespräch zu führen. Auf dem Rückweg stieß er mit einem
PKW zusammen und zog sich schwerste Hirnverletzungen zu.
Er begehrte die Feststellung, dass der Unfall ein Arbeitsunfall ist und deshalb die gesetzliche Unfalversicherung die Leistung zu tragen hat. Der beklagte
Unfallversicherungsträger verweigerte dies allerdings und stellte sich auf den Standpunkt, dass
ein Unfallversicherungsschutz ausscheide, weil die Agentur für Arbeit
den Arbeitslosen nur aufgefordert habe, sich schriftlich zu bewerben,
nicht aber ein Vorstellungsgespräch zu führen.
Das SG Konstanz
stellte nun in seiner Entscheidung fest, dass es sich bei dem Ereignis um einen
Arbeitsunfall gehandelt habe. Als der Kläger bei dem Unfall verletzt
wurde, war er nach den Vorschriften des SGB VII versichert. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind kraft Gesetzes Personen versichert, die
nach den Vorschriften des SGB II und des SGB III der Meldepflicht
unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten
Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit nachkommen, diese oder eine
andere Stelle aufzusuchen. Eine solche Aufforderung müsse im
Zusammenhang mit den Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit stehen und es
müsse sich auch um eine konkrete Willensäußerung handeln, die erkennen
lasse, dass die Arbeitsverwaltung ein bestimmtes Verhalten vom
Arbeitslosen erwarte. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG
sei Maßstab der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten.
Hierbei war auch das dem Kläger ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose
zu berücksichtigen, in dem darauf hingewiesen wurde, dass eine
Sperrzeit eintrete, wenn der Arbeitslose eine von der Agentur für Arbeit
angebotene Arbeit ablehnt oder nicht antritt oder sein Verhalten das
Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt.
Vor diesem
Hintergrund konnte der Kläger die Aufforderung der Agentur für Arbeit
dahingehend verstehen, dass diese Aufforderung nicht nur die Bewerbung,
sondern auch das darauf folgende Vorstellungsgespräch umfasste. Dem
Inhalt des Aufforderungsschreibens durfte der Kläger also entnehmen,
dass die Agentur für Arbeit von ihm erwarte, dass er einer Einladung zu
einem Vorstellungsgespräch, die auf die Bewerbung erfolgen könnte, auch
Folge leiste.